Wallfahrtsverein      

St. Johannis Glandorf und  St.Marien Schwege  

Die „Männer“-Wallfahrt nach Rulle

Der beschauliche Wallfahrtsort Rulle liegt nur sechs Kilometer nördlich von Osnabrück und verweist mit seinen Status als Wallfahrtsort auf drei Ziele, die schon seit Jahrhunderten von Pilgern aus nah und fern besucht werden. Begründet wurde das Wallfahrtswesen in Rulle durch das sogenannte Blutwunder von 1347.Um einen neuen Kirchenbau und eine kostbare Monstranz zur Verehrung des eucharistischen Brotes zu finanzieren, wurde im Jahre 1347 auf dem Altar der Ruller Kirche einen Spendenkorb aufgestellt. Neben dem Spendenkorb für Gold und Silber wurde auch eine kleine Hostiendose platziert. Eines Nachts stahlen Diebe die dargebrachten Spenden samt Hostiendose. Die Dose wurde von den Dieben als wertlos erachtet und arglos in eine Wiese geworfen. Einige Tage später fanden Kirchgänger die Hostiendose im hohen Gras. Ein Osnabrücker Geistlicher öffnete die Dose in der nahegelegenen Bischofsstadt. Anstatt der Hostien fand er von einem Tuch umhüllte Fleischstücke im Blut. Die Gläubigen werteten diese Tatsache als heiliges Blutwunder. An der Fundstelle wurde eine Wallfahrtskapelle erbaut. Mit einer feierlichen Zeremonie brachten die Gläubigen die Hostiendose mitsamt dem Tuch in die neue Wallfahrtskapelle. Um dieses Blutwunder zu ehren, wurde eine Blutmonstranz anfertigt, in der die Dose noch heute verweilt. Durch dieses angebliche Wunder entstand eine regelrechte Pilgerflut um die Legende des heiligen Blutes. Heutzutage wird die Blutmonstranz in der frisch restaurierten Ruller Gnadenkapelle ausgestellt. Allerdings wurde die Legende vom Blutwunder durch einen chemischer Vorgang hervorgerufen. Heute ist bekannt, dass die Verwandlung der Hostien durch das Bakterium „Serratia marcescens“ verursacht wurde. Dieses Bakterium färbte die  Hostien, die im nassen Gras lagen, rot ein und ließ diese wie Fleischstückchen aussehen. Im 17. Jahrhundert nahm mit der Verehrung des eucharistischen Brotes auch immer mehr die Marienverehrung zu. Deshalb wurde in dieser Zeit für die Pilger ein Gnadenbild der Schmerzhaften Muttergottes geschaffen. Das Marienbildnis wird auch heute noch von vielen Wallfahrern in Rulle besucht und kann in der hiesigen Gnadenkapelle bewundert werden. Neben diesen beiden Wallfahrtszielen gibt es noch ein weiteres, das sich auf eine mündliche Überlieferung bezieht. Die Legende vom heilenden Wasser besagt, dass ein blinder Schäfer die Marienquelle entdeckte, indem er einen Stock aus dem Boden zog. Dabei strömte Wasser aus der Öffnung, wo sich vorher der Ast im Erdreich befand. Mit diesem Wasser bestrich sich der Schäfer seine Augen und kurze Zeit später konnte er wieder sehen. An diesem Ort der Quelle befindet sich heute der Marienbrunnen. Das Wasser, dem heilende Kräfte zugeschrieben werden, zieht bis heute zahlreiche Pilger an. Der Wallfahrtsort Rulle wurde im Laufe der Zeit weit über die Landesgrenzen bekannt. Zum legendären Blutwunder, zur Verehrung der Muttergottes sowie zum Marienbrunnen des heilenden Wassers pilgern jährlich bis zu 50.000 Wallfahrer. Traditionsbewusst begeben sich auch die Glandorfer schon seit über 80 Jahren an einem der letzten Maitage auf die Männer-Wallfahrt nach Rulle.1932 rief der damalige Osnabrücker Bischof Wilhelm Berning die katholischen Männer aus der Stadt sowie aus den Dekanaten des Osnabrücker Landes auf, nach Rulle „zur Sühne und Bittwallfahrt“ zu pilgern. Die Wallfahrt entwickelte sich zu einer Konstanten im Glandorfer Gemeindeleben und wurde nur während des 2.Weltkrieges für zwei Jahre unterbrochen.Der engagierte Aufruf Bischof Bernings kann durchaus als Gegenreaktion auf die damals wachsende unchristliche Beeinflussung der Bevölkerung durch die NSDAP verstanden werden. Er sprach in diesem Zuge vor allem die Männer an, da diese im politischen Geschehen die bestimmende Bevölkerungsschicht waren.In den Jahren von 1930 bis Anfang 1933 stärkte Hermann Wilhelm Berning innerhalb des westdeutschen Bischofskollegiums die Ablehnung gegenüber der NSDAP und des Nationalsozialismus und sprach sich sogar öffentlich 1932 für die Wahl Paul von Hindenburgs zum Reichspräsidenten aus.Allerdings wurde Bischof Berning 1933 von Hermann Göring zum Preußischen Staatsrat ernannt. Er nahm dieses Amt an und verband damit sicherlich die Hoffnung, die Freiheit der Kirche positiv beeinflussen zu können. Darüber hinaus begrüßte er im April 1933 mit anderen deutschen Bischöfen die neue nationalsozialistische Regierung und forderte alle Gläubigen zur Ehrfurcht und zum Gehorsam gegenüber dem neuen System auf. Berning steckte in dieser Zeit in dem Dilemma zwischen der Gehorsamspflicht des Christen gegenüber der staatlichen Obrigkeit einerseits und dem Kampf gegen die christenfeindliche Weltanschauung der NSDAP entscheiden zu müssen. Ab Beginn des Jahres 1934 verstärkte Berning seine ablehnende Haltung gegenüber dem NS-Regime auch öffentlich und äußerte sich im Osnabrücker Dom in seinen Predigten zunehmend kritisch. Von Mitte 1941 an prangerte der Bischof unerschrocken die Knechtung und Tötung von Menschen sowie Euthanasie und Rassismus an. Als Preußischer Staatsrat verhandelte Berning bis 1943 oft, jedoch meist ergebnislos, mit der nationalsozialistischen Reichsregierung, um Menschen zu helfen und Unrecht abzuwenden.Die Männer-Wallfahrt nach Rulle ist somit nicht nur eine Bittfahrt oder Pilgerreise zur Reliquienverehrung, sondern auch eine Erinnerung daran, dass christlicher Glaube, und die darin begründeten Überzeugungen, einer radikalen sowie extremistischen Ideologie etwas entgegenzusetzen haben.

Quellen:http://www.rulle.de/wallfahrtskirche-rulle.phphttp://www.luebeckermaertyrer.de/de/geschichte/personen.htmlhttp://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Wilhelm_Berning